Glückwunsch, du hast es geschafft!
Mit dem Abi in der Tasche kannst du jetzt an der Uni loslegen – vorausgesetzt, du verfügst über das nötige Kleingeld. Andernfalls ist der „Nachweis der Befähigung für ein Hochschulstudium“ nichts wert.
Wenn du aus „besserem Hause“ kommst, deine Eltern genügend verdienen und dich sponsern, ist die Existenz erst mal sicher – die Alten zahlen ja. Aber Wohlverhalten bitten sie sich schon aus. Sollten deine persönlichen Ansichten und deine „Lebensweise“ nach Meinung deiner „Alten“ zu wünschen übrig lassen, ist Schluss mit lustig. Zusätzlich oder ersatzweise kannst du dir selbst was dazu verdienen. Der kleine Haken ist nur, dass du dazu erst mal einen passenden Job finden musst; und dieser die Studienzeit, die er fördern soll, beschränkt.
Dann gibt es noch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Laut Bildungsministerin Schavan löst es Probleme, die sich aus der Geldnot einer großen Zahl von Elternhäusern ergeben. Denn das BAföG sorgt ihr zufolge dafür, „dass
Jugendliche und junge Erwachsene unabhängig von ihrer Herkunft eine ihrer Eignung und Neigung entsprechende Ausbildung absolvieren können“ (www.bafoeg.bmbf.de). Wenn Studierende seit 40 Jahren mit „Staatsknete“ unterstützt werden müssen, zeigt das: „Herkunft“ entscheidet nach wie vor maßgeblich über den Zugang zu höherer Bildung. Das Vehikel, das „Herkunft“ als Studienhindernis überwinden soll, unterstellt, dass zu dieser Gesellschaft eine Einkommenshierarchie gehört, an deren unterem Ende eine große Zahl von Eltern zu wenig Einkommen haben, um ihren Sprösslingen eine bessere Ausbildung zu bezahlen.
Beim ersten Blick auf die Förderrichtlinien fällt auf:
– Der Staat ist ziemlich knickrig: Der Fördersatz ist auf maximal 670 Euro (einen Hunderter unter den vom Deutschen Studentenwerk ermittelten durchschnittlichen Lebenshaltungskosten eines „Normalstudenten“) gedeckelt. Davon werden „eigene Einkommen und Vermögen der Auszubildenden sowie das anzurechnende Einkommen ihrer etwaigen Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner und ihrer Eltern […] in Abzug“ gebracht
(ebda). Nicht der notorische Geldmangel, die Armut, von Auszubildenden, ihrer Gatten/innen und Eltern berechtigt zum Stipendium, sondern die kleinliche Prüfung, ob sie arm genug sind, dass der Staat sie nach den von ihm selbst geschaffenen BAföG-Regeln als bedürftig anerkennen „kann“. Was dann von dieser Bedürftigkeit beseitigt wird, ist in sog. „Bedarfssätzen“ vorab fixiert. Die legen fest, was ein Student für Wohnen, Essen und Sonstiges maximal brauchen darf.
– Der Staat beschränkt die Dauer der Förderung: Ohne Leistungsnachweise in der vorgeschriebenen Regelstudienzeit keine Knete. Ob man die Prüfungen besteht, zählt nicht, sondern ob man sie in der gebotenen Zeit packt. Eignungsnachweise, die nicht mit der geforderten Geschwindigkeit erbracht werden, gelten
nicht. Zusätzliche Sanktion: Kappen der Fördergelder.
– Der Staat kommt den Eltern der förderbedürftigen Kinder rabiat: Wenn sie „die von ihnen nach dem BAföG aufzubringenden Unterhaltsleistungen verweigern“(ebda.), droht er ihnen mit der zivilrechtlichen Klage ihrer Kinder. Die zwingt er nämlich im Weigerungsfall dazu, gegen ihre Eltern zu prozessieren, indem er sie mit BAföG-Streichung oder ‑Kürzung erpresst. Wenn die Kinder Recht bekommen, haben die Eltern ihren Lebensstandard einzuschränken und mit dem abgepressten Verzicht das Studium des Nachwuchses zu finanzieren.
– Die Förderung ist auch abschreckend: Sie wird „grundsätzlich zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als zinsloses Staatsdarlehen“ gewährt, das „bis zu einem Gesamtbetrag von 10.000 Euro zurückgezahlt werden“ muss (ebda.). Da verlässt manchen der Mut zum Studieren, weil er sich einen Kredit für die „Investition in sich selbst“ aufladen muss. Diese erbringt ja unmittelbar keine Erträge, sondern nur die Berechtigung, sich an der Konkurrenz um einen der „Top-Jobs“ zu beteiligen. Wer diesen Wettkampf um die besser bezahlten Jobs verliert, bleibt auf seinen Schulden sitzen.
Von wegen also „unabhängig von ihrer Herkunft“ und entsprechend „ihrer Eignung und Neigung“! Der Staat ist nicht der Dienstleister der Studierwilligen. Mit diesem Gesetz und dem dafür locker gemachten Etat, hat er sich ein Instrumentarium dafür geschaffen, den akademischen Nachschub für die höher qualifizierten Berufe zu regulieren. Und der richtet sich hinsichtlich Zahl und Anforderungen weder nach den Neigungen der Absolventen noch danach, dass alle mit ihrem Examen ein gutes Auskommen haben. Die Absolventen haben nämlich zu einer Konkurrenz um die von Staat und Wirtschaft angebotenen Jobs anzutreten, für die beide ausdrücklich immer mehr Bewerber fordern, als es Arbeitsplätze gibt, wofür der Staat nicht zuletzt mit dem BAföG sorgt. Für diese Konkurrenz haben sich „junge Erwachsene“ im Studium attraktiv zu machen. Danach müssen sie sich den Neigungen ihrer potentiellen öffentlichen und privaten Arbeitgeber gemäß präsentieren. Die entscheiden dann nach ihrem Bedarf, wie viele und welche akademisch ausgebildete Bewerber sie für die Elitejobs für geeignet halten und welche Gehälter sie dafür bezahlen.
Nur: Was hat man eigentlich zu tun, wenn man an einer dieser begehrten Stellen in Wirtschaft und Staat arbeitet?
Mehr darüber verraten unsere Anmerkungen über einige dieser „Jobs der Elite“, nachzulesen auf www.versus-tuebingen.de