Mindestlohn für Praktika
während des Studiums und danach
„Prekäre Beschäftigungsverhältnisse“ beim Einstieg in den Beruf sind für junge Hochschulabsolventen zur Normalität geworden. Anstatt wie geplant eine Karriere zu starten, müssen Nachwuchsakademiker heute schlechte Bezahlung, befristete Anstellungen oder erzwungene Selbstständigkeit in Kauf nehmen. Dazu gehören seit einiger Zeit auch so genannte „Praktika“. Berufsanfänger mit Hochschulstudium dürfen sich erst einmal ohne Bezahlung oder bestenfalls gegen ein paar 100 Euro Taschengeld nützlich machen, bevor man ihnen eine bezahlte Stelle anbietet – oder auch nicht. Noch vor ein paar Jahren ist den Erfindern des Schlagworts von der „Generation Praktikum“ da das böse Wort „Ausbeutung“ eingefallen, weil sie die Behandlung der Studierten als billige Arbeitskräfte für unpassend hielten. Nun ist auch da der Mindestlohn eingeführt – im Prinzip.
Nach wie vor gilt der Mindestlohn nicht für „Praktika die verpflichtend im Rahmen einer Schul-, Ausbildungs- oder Studienordnung geleistet werden, Praktika von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums, Praktika für die Dauer von 3 Monaten, die begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet werden, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, Maßnahmen einer Einstiegsqualifizierung nach §54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch.“ (www.mindestlohn.de/hintergrund/faq/)
Damit können Unternehmen doch was anfangen. Während des Studiums zu absolvierende „Praxisphasen“ fallen sowieso nicht unter den Mindestlohn. Und für examinierte Praktikanten, für die der Mindestlohn eigentlich zu zahlen wäre, schreiben sie einfach keine Langzeitpraktika mehr aus, sondern suchen statt dessen immer wieder neue Dreimonatspraktikanten. Die kosten wenig oder nix, sofern sie, Abschluss hin oder her, bzgl. ihrer Berufsausbildung immer noch Orientierung benötigen. Denn dass, „nach einem Abschluss die fachliche Orientierungsphase in der Regel abgeschlossen sei“ (Stellungnahme des Arbeitsministeriums), das gilt eben nur in der Regel und jeder Praktikant ist schließlich ein Einzelfall. Werden solche freiwilligen Hospitanzen mit Pflichtpraktika geschickt kombiniert, können Praktikanten auch für sechs Monate beschäftigt werden – ohne ihnen 8,50 Euro zu bezahlen.
Dass ihnen derartiges Geschick abverlangt wird, stört die Unternehmen allerdings, schließlich war für sie das, was für die frisch Diplomierten eine Notlage ist, eine günstige Gelegenheit, auf die sie nur ungern verzichten. Den Mindestlohn für Praktikanten kritisieren sie deshalb – als schädlich für die, die ihn nun bekommen müssten. Diese Entlohnungsvorschrift führe nämlich, so ist beispielsweise von der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber zu hören, dazu, dass sie freiwillige Praktika künftig nicht mehr anbieten würden; und damit entfiele das, was als Vorteil für die billig praktizierenden Hochschulabsolventen ausgegeben wurde: ihr Sprungbrett in den Beruf.
Dieser Ankündigung lässt sich aber eines entnehmen: Wenn das Sprungbrett nicht mehr angeboten wird, sobald dem Springer auch nur ein bisschen bezahlt werden muss, dann ging es beim Beschäftigen von Praktikanten auf Basis der alten Rechtslage tatsächlich nur um Billigstarbeitskräfte, und das mit dem Beruf, in den von da gesprungen werden kann, war und ist eine Lüge. Oder soll da dann auch nichts bezahlt werden?
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zum Nachlesen: „Noch ein Fall von „arm trotz Arbeit“: Die ‚Generation Praktikum‘“:
in: http://www.gegenstandpunkt.com/gs/2007/3/gs20073c05.html